Die Gesichtsfelduntersuchung ist ein entscheidender Aspekt der Glaukomdiagnostik. Neue Innovationen in der Medizintechnik haben die Testdauer verkürzt und die Genauigkeit erhöht. Auch das Nachverfolgen des Krankheitsverlaufs konnte verbessert werden. Dabei vertreten viele Ärzte die Ansicht, dass man nichts reparieren sollte, was nicht kaputt ist – was nachvollziehbar ist. Zumindest solange besondere Umstände keine besonderen Lösungen erfordern.

Dr. Shalini Sood-Mendiratta gibt eine Führung durch das Cole Eye Institute der Cleveland Clinic.

Nicht nur so gut wie vorher, sondern besser

Vor der Covid-19-Pandemie lief es am Cole Eye Institute der Cleveland Clinic sehr gut: Die Klinik expandierte und es gab Pläne für einen Erweiterungsbau. Doch mit der Pandemie ab Mitte März änderte sich alles. Obwohl die Klinik nie geschlossen wurde und dringende augenärztliche Fälle sowie Notfälle weiterhin behandelt wurden, sank die Auslastung auf unter 25 %.

Nach dem Lockdown ging es vor allem darum, die Zahl der Untersuchungen im Cole Eye Institute so schnell wie möglich wieder zu erhöhen – ohne die noch geltenden Schutz- und Hygienemaßnahmen zu vernachlässigen. Dafür war ein hybrider Workflow notwendig, um die Fähigkeiten der Mitarbeiter und die technischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Wir wollten nicht nur so gut wie vorher arbeiten, sondern besser.

Im August 2020 erreichte das Cole Eye Institute dann wieder eine Patientenauslastung von 87 %. Viele der eingesetzten Geräte und Workflows, die diesen Erfolg möglich gemacht haben, sollen auch weiterhin genutzt werden.

Dr. Shalini Sood-Mendiratta: Effizientere Praxis aufgrund der Pandemie

Der Behandlungsworkflow im Eye Cole Institute

Zu Hause:

● Abklärung vor dem Besuch

In der Praxis (ein Zimmer):

● Anamnese
● Messen der Körpertemperatur
● Spaltlampenuntersuchung und Messung des Augeninnendrucks (Applanationstonometer nach Goldmann mit Einweg-Messkörpern, iCare oder Tono-Pen/TONO-PEN)
● Gonioskopie und Pachymetrie

Falls notwendig:

● Gesichtsfelduntersuchung (ZEISS HFA3 mit SITA Faster) und Dilatation
● Optische Kohärenztomographie (ZEISS CIRRUS 6000) und Fundusfotografie (ZEISS VISUCAM NM/FA)

Zu Hause oder in der Praxis:

● Arztgespräch
● Planung einer Operation und/oder Folgeuntersuchung

Schnellere Workflows mit SITA Faster

Erst im März 2020 haben wir in unserer Praxis Telemedizin und Videosprechstunden konsequent eingeführt. Davor wurde die Telemedizin bei uns eher selten genutzt, weil wir uns bei der Behandlung von Glaukomen sehr stark auf die Diagnostik konzentrieren. Als dann aber in Ohio der Lockdown beschlossen wurde, mussten wir improvisieren. Wir sind auf Glaukome spezialisiert, viele der Patienten kommen dreimal oder öfter im Jahr zu uns. Wenn sie sechs Monate lang keinen Kontrolltermin haben, kann es sein, dass sich die Patienten Sorgen machen und Angst bekommen. Unsere erste Priorität war es daher, sicherzustellen, dass wir mit diesen Patienten in Kontakt bleiben können. Dazu mussten wir einige unserer Patientenbesuche in vollständig virtuelle Termine umwandeln. Zuerst über FaceTime oder Google Duo und jetzt mit Zoom, das in unsere Praxissoftware integriert ist.

Die meisten Glaukompatienten müssen jedoch physisch untersucht werden. Es gibt Möglichkeiten, den Augeninnendruck auch zu Hause zu messen, aber nicht jeder Patient kann sich das leisten. Im April haben wir dann einen hybriden Workflow eingeführt: Unsere Patienten kamen für die diagnostischen Tests, die nicht zu Hause durchgeführt werden konnten, in die Praxis. Die Überprüfung der Sehschärfe führten sie aber selbstständig zu Hause durch, mit virtueller Unterstützung durch ihren Arzt. Mit dieser neuen hybriden Methode konnten wir einschätzen, für welche Patienten das gesundheitliche Risiko durch Ausbleiben einer Untersuchung und Behandlung höher war, als das Risiko durch eine Ansteckung mit Corona.
 

Viele Ärzte vertreten die Ansicht, dass man nichts reparieren sollte, was nicht kaputt ist – was nachvollziehbar ist. Zumindest solange besondere Umstände keine besonderen Lösungen erfordern.

Shalini Sood-Mendiratta, MD

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  • Schnellere Diagnostik im modernen Glaukom-Workflow

    Seiten: 8
    Dateigröße: 675 KB

Eine Patientin durchläuft eine Gesichtsfelduntersuchung am HFA3. Der Algorithmus SITA Faster beschleunigt die Untersuchung im Vergleich zu SITA Standard um 50 % – das ist sowohl für die Patienten als auch für die Praxisleitung positiv.

Viele Vorteile für Patienten und MTAs

Im Juni waren dann wieder 75 % unserer Vor-Pandemie-Auslastung erreicht. Aber die Einschränkungen waren immer noch zu spüren: Durch die Coronamaßnahmen durften sich nur eine begrenzte Anzahl Patienten, Assistenten und Ärzte gleichzeitig in der Praxis aufhalten. Pro Raum war nur ein Patient gestattet. Darum mussten wir bei der Durchführung der diagnostischen Tests sehr effizient sein und dabei zuverlässige Daten liefern. Bei der Glaukomkontrolle kann das eine Herausforderung sein, vor allem wegen der erforderlichen Gesichtsfelduntersuchung. Im Gegensatz zu anderen Diagnosen, die nur wenige Sekunden in Anspruch nehmen, dauert eine vollständige Gesichtsfelduntersuchung mehrere Minuten. Wir mussten also effizienter werden. Darum haben wir in neue Technologien investiert.

Im Juli wurden deshalb unsere HFA3 mit SITA Faster erweitert. Die Zeit, die wir für die Untersuchung des Gesichtsfelds brauchen, hat sich dadurch drastisch reduziert. Mit SITA Standard, unserer bis dahin angewandten Strategie, dauerte ein Test über fünf Minuten pro Auge. Jetzt dauert es gerade einmal halb so lange. Dadurch verkürzt sich die Behandlungszeit pro Patient. Trotz der Zeitersparnis ist die Genauigkeit von SITA Faster mit der von SITA Standard vergleichbar. SITA Faster überprüft bei unseren Langzeitpatienten die gleichen Defekte und die gleiche Progression des Glaukoms, benötigt dafür aber weniger Zeit. Beim Einsatz von 24-2C umfasst der Test mehr zentrale Testpunkte, die aber mit den Punkten aus der 10-2-Untersuchung korrelieren, die bei Glaukompatienten am kritischsten sind. Das hat für alle Beteiligten vieles deutlich leichter gemacht. Die Gesichtsfelduntersuchung ist für Patienten am unangenehmsten, weil sie so viel Zeit in Anspruch nimmt. Und auch unsere MTAs sind zufriedener. Ihrer Meinung nach ist der neuere Algorithmus intuitiver für die Patienten. Sie können die Patienten jetzt viel schneller durch die Gesichtsfelduntersuchung führen. Und weil sich MTA und Patient nur kurz zur gleichen Zeit in einem Raum aufhalten, verringert sich auch das Infektionsrisiko.

Anhand der visuellen Darstellung des Krankheitsverlaufs können Ärzte ihre Patienten besser über deren Krankheit aufklären.

Das große Ganze sehen: Glaucoma Workplace und der neue Workflow

Hier im Cole Eye Institute war Glaucoma Workplace schon vor März 2020 im Einsatz. Das ganze Potenzial der Software wurde bislang aber noch nicht ausgeschöpft. Im Mai unterstützte uns das ZEISS Team dann bei der umfassenden Einrichtung und der Integration in unserere bestehende Technologie. Mit dem neuen System sparen wir sehr viel Zeit. Früher musste man jedes einzelne Gesichtsfeld manuell öffnen – jetzt ist es viel einfacher, die Bilddatenbank zu durchsuchen. Mit der Überblicksansicht kann man sich sogar mehrere Gesichtsfeldbilder gleichzeitig anzeigen lassen.

Das ist besonders wichtig für die Aufklärungsgespräche mit den Patienten. Und die Benutzeroberfläche von Glaucoma Workplace ist auch für Laien verständlich. Ich zeige meinen Patienten anhand der Überblicksansicht der Gesichtsfelder, wie sich ihr Glaukom in den letzten Jahren entwickelt hat. Glaukompatienten sind sich oft nicht bewusst, wie sich ihr Gesichtsfeld verändert. Jetzt haben wir die Möglichkeit, die Progression auf einfache und verständliche Weise nachvollziehbar zu machen. Die Patienten verstehen nun besser, wie wichtig es ist, ihre Augentropfen regelmäßig zu nehmen. Denn sie können die Gründe für gewisse Behandlungsschritte am Bildschirm sehen. Die Progressionsanalysen von VFI und mittlerer Abweichung sind auch eine große visuelle Hilfe für Patienten und Ärzte, um zu erkennen, wann weitere medizinische Interventionen, Laserkorrekturen oder OPs erforderlich sind.

Das Upgrade auf SITA Faster und die Integration mit Glaucoma Workplace haben die diagnostischen Tests schneller, die Patientenaufklärung besser und die Auswertung der Daten durch den Arzt einfacher gemacht. Das gibt mehr Gewissheit bei der klinischen Entscheidungsfindung.

Shalini Sood-Mendiratta, MD

Dr. Sood-Mendiratta erläutert die Gesundheitsmaßnahme „ein Patient, ein Zimmer“ und weitere Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass alle Räume zu jedem Termin desinfiziert wurden und hygienisch vorbereitet sind.

Die Hygienemaßnahme: Ein Patient, ein Zimmer

Im Rahmen unseres neuen Workflows rufen unsere MTAs die Patienten am Tag vor ihrem Termin an, aktualisieren vor ihrem Besuch die Patientenakte und klären weitere Faktoren ab. Dazu gehört das Ausfüllen der Anamnese und das Zusammentragen aller notwendigen Informationen des jeweiligen Patienten. Sie prüfen zum Beispiel die aktuelle Medikation, bisherige Operationen und Behandlungen oder eventuelle Allergien. Vor 2020 hätte man diese Informationen persönlich in der Praxis erhoben. Doch jetzt erledigen wir so viel wie möglich schon am Telefon, um die Aufenthaltsdauer des Patienten in der Arztpraxis und damit das Infektionsrisiko gering zu halten.

Die Hauptdiagnose sowie sämtliche Nebendiagnosen und -informationen, die in die Einschätzung und weitere Planung miteinfließen, dürfen erst beim Termin selbst erfasst werden. Aber wir können den Besuch verkürzen, wenn wir alles andere bereits im Vorfeld abklären. Der Patient überprüft noch einmal alle Informationen, die von dem MTA erfasst wurden, und bestätigt, dass sich seit dem Anruf nichts geändert hat. Das ist für uns bei der Priorisierung von Patienten besonders wichtig. So können unsere MTAs und Ärzte schon bevor der Patient die Praxis betritt erkennen, ob gegebenenfalls eine Änderung der Therapiestrategie oder eine Überweisung an einen anderen Arzt nötig ist.

Dr. Shalini Sood-Mendiratta mit dem CIRRUS 6000 OCT.

Dieser Anruf erinnert den Patienten an seinen bevorstehenden Termin. Und da ein Anruf ansprechender ist als eine E-Mail oder eine kurze Sprachnachricht, ist es wahrscheinlicher, dass der Patient seinen Termin auch tatsächlich wahrnimmt. Unsere MTAs erklären den Patienten auch, was sie beim Besuch am nächsten Tag in der Praxis erwartet, einschließlich unserer neuen Infektionsschutzmaßnahmen. Sie klären sie über die kürzeren Untersuchungszeiten auf und erinnern sie an weitere notwendige Schritte.

Die grundlegende Maßnahme ist – so weit wie möglich – „ein Patient, ein Zimmer“. Bei diagnostischen Untersuchungen müssen wir die Patienten natürlich zu den Geräten bringen. Dabei versuchen wir, so gut es geht, sie in einem Raum zu behalten. Das schränkt die Ansteckungsmöglichkeiten und damit das Infektionsrisiko des Patienten ein. Für uns reduziert sich dadurch die Zeit für das Reinigen und Desinfizieren der Räume zwischen den einzelnen Patienten. Eine unserer wichtigsten Hygienemaßnahmen ist die richtige Belüftung während den diagnostischen Untersuchungen. Außerdem verwenden wir Einwegmaterialien, wie Einweg-Messkörper für den Goldmann-Applanationstonometer.

Besser statt nur normal: Der zukünftige Glaukom-Workflow

Letzten Endes besteht das Ziel jeder Augenarztpraxis darin, den Patienten die bestmögliche medizinische Betreuung zu bieten. Wenn die Workflows allzu routiniert abgespult werden, kann es leicht passieren, dass man sich zu schnell mit einem „das passt schon“ zufrieden gibt. Vor allem, wenn diese Workflows zum Wachstum der Praxis beitragen. Es braucht dann ein außergewöhnliches Ereignis, das einem vor Augen führt, welches Optimierungspotential die Workflows eigentlich noch haben.

Die Verbesserungen, die wir vorgenommen haben, um unseren Patienten während und nach der Pandemie weiterhin eine erstklassige Versorgung bieten zu können, sind nicht nur vorübergehend. Wir haben uns effizienter aufgestellt und neue Prozesse eingeführt, mit denen die Workflows für Patienten, Ärzte und Mitarbeiter schneller und einfacher geworden sind. Das Upgrade auf SITA Faster und die Integration mit Glaucoma Workplace haben die diagnostischen Tests schneller, die Patientenaufklärung besser und die Auswertung der Daten durch den Arzt einfacher gemacht. Das gibt mehr Gewissheit bei der klinischen Entscheidungsfindung. Zukünftige Innovationen wie tragbare Untersuchungsgeräte und Video-Sprechstunden werden die Erfahrung für die Patienten weiter verbessern. Wir wollen nicht zur Normalität zurückkehren – wir wollen besser werden.


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    Der Autor / Die Autorin dieses Artikels steht in einem vertraglichen oder anderweitigen finanziellen Verhältnis mit Carl Zeiss Meditec, Inc. und ihren Tochtergesellschaften und hat eine finanzielle Vergütung erhalten.